Ich bin Ute Freiburger. Als Künstlerin und „Menschen-Mögerin“ habe ich nach einem länger gehegten Wunsch seit September 2022 in der Einrichtung Pflege und Wohnen Alte Mälzerei die Gelegenheit bekommen, 14-tägig einen Malkurs anzubieten.
Eigentlich hatte ich ihn als Zeichenkurs gedacht (mit farblicher Unterstützung). Und obwohl es in diesem Kurs nicht um das reine ineinander Malen von Farben geht, nenne ich ihn der Einfachheit halber Malkurs. So versteht man das doch besser.
Das Zeichnen ist für mich persönlich deshalb so besonders, weil jeder Strich, jede Linie, jeder Punkt, jede Form an sich schon eine – Stellungnahme – ist. Unter Zuhilfenahme von Farben (nicht zerfließende wie Buntstifte oder Ölkreiden) darf das Gezeichnete betont werden, ist Farbe doch u.a. ein Gefühlsträger.
Der Malkurs ist sowohl formal als auch inhaltlich hilfreich für die Teilnehmenden. Unter „formal“ verstehe ich: Es wird das eigene Wollen und Entscheiden angeregt, sodass die Malenden Zutrauen finden können in die eigenen Ausdrucksmöglichkeiten und somit auch Fähigkeiten. „Inhaltlich“ bedeutet, die Teilnehmenden können selbst entscheiden, was zu malen „ansteht“. Dies können kompliziertere Dinge und Sachverhalte sein oder relativ „einfache“ Gegenstände wie z.B. eine Christbaumkugel. Von daher betrachtet ist das Malen IMMER RICHTIG, es kann gar nichts falsch gemacht werden. Dies den Menschen klarzumachen, ist mir ganz wichtig. Nur auf deren definitiven Wunsch hin zeichne ich auch schon mal als Orientierung grobe Konturen vor.
Zurzeit besuchen 4 Teilnehmerinnen den Kurs. Aus Datenschutzgründen und der Einfachheit halber nenne ich sie Frau A., Frau B., Frau C. und Frau D. (Auch Männer sind übrigens herzlich willkommen!)
Frau A. ist seit der 1. Zeichenstunde dabei. Ihr anfängliches Misstrauen gegen „mich“, den Kurs und ihre vermeintliche „Unfähigkeit“ sowie ihre fehlende Motivation weicht immer mehr einem Kennenlernen. Mit Selbstverständlichkeit, ja, Eifer traut sie sich inzwischen einiges zu. In eine von mir angedeutete Kontur eines Weihnachtsbaums beispielsweise malte sie selbstständig und freudig eine Menge bunter Kerzen. Das nächste Mal könnte es mit den Christbaumkugeln weitergehen. Frau A. Ist an Demenz erkrankt, kennt uns inzwischen aber ganz gut und lässt sich auf uns ein. Sie zeigt sich in ihrer charmanten Liebenswürdigkeit.
Frau B. scheint leider der Lebensmut verloren gegangen. Obwohl ihr Temperament dahinter immer spürbar bleibt und auch eine Beziehung zu früheren Interessen/ Freuden, sagt sie von Anfang an oft, „Ich kann das nicht.“ Eine Verzagtheit, obwohl sie nach eigenen Angaben früher gerne gemalt hat. Nachdem man ihre Zweifel ernst genommen, aber auch langsam abgetragen hat, überrascht Fr. B. Immer wieder mit mutigen, ganzen Bildern – wie z.B. einem Herbstwald mit Spaziergängern. Darin zeigt sich viel Lebendigkeit. Ich nehme an, dass es depressive Verstimmungen sind, die ihr immer wieder den Blick verstellen.
Frau C. Kommt öfter klagsam und grübelnd daher. Sie braucht viel Orientierung und Vertrauen in Vertrautes. Dies findet sie in ihren eigenen, selbst mitgebrachten Mandala- Malbüchern, die sie schon sehr lange auch unter der Zeit und mit ihren eigenen Stiften ausmalt. Diese Mandala-Vorgaben scheinen ihr Halt zu geben. Ein Ziel ist es, dass sie auch in Gemeinschaft/ Gesellschaft malen kann, welche dazu beiträgt, ihre Grübel-Zwänge zumindest für eine gewisse Zeit zu unterbrechen. Fr.C. leidet unter einer sie verunsichernden Autoimmunerkrankung.
Frau D. Ist neu im Kurs. Sie kommt bereits motiviert, eigeninitiativ und lustig bei uns an. Sie malt ihre eigenen Vorstellungen drauflos. Sie steckt mit ihrem Witz an und unterstützt damit den gesamten Kurs. Sie zeigt immer wieder auch Mut und positives Denken und möchte jetzt regelmäßig die Gelegenheit ergreifen, viel lieber Malen zu kommen als „allein auf dem Zimmer zu sitzen“. Der Kurs dient so also auch dem Kennenlernen unter den Mitbewohnenden.
Auf der Suche nach Motivation und Motiven sprechen wir inzwischen auch viel miteinander. Es darf auch gelacht werden!
So freue ich mich auf und über den „liebenswerten Haufen Malkurs“, der entstanden ist. Es wird niemand gezwungen zu bleiben, in aller Regel tun das die Menschen selbst. Wäre schön, wenn sich dieses Angebot im Pflege und Wohnen Alte Mälzerei weiter herumsprechen würde. Denn jede und jeder ist willkommen!
Ute Freiburger
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